Menu
Menü
X

Details seit 1495

Im 15. und 16. Jahrhundert befand sich das Gericht Kirchberg unter der gemeinsamen Landesherrschaft der Landgrafschaft Hessen und der Grafschaft Nassau-Weilburg, wobei eine tendenzielle Vormachtstellung Hessens zu beobachten ist, die sich mit dem Erwerb Staufenbergs im Jahr 1450 verstärkte. Ein Teil des Gerichts Kirchberg war als Lehen in niederadliger Hand. Kirchberg besaß sowohl in politischer als auch in kirchlicher Hinsicht eine begrenzte Mittelpunktfunktion: politisch als (ehemaliger) Mittelpunkt des Gerichtsbezirks und kirchlich als Mittelpunkt des Send- und des Pfarreibezirks. Diese Funktionen manifestierten sich in der Abhaltung des weltlichen Gerichts und des geistlichen Sendgerichts in Kirchberg und nicht zuletzt im regelmäßigen Besuch der Messen durch die Bevölkerung der zugehörigen Orte. Als Pfarrei war Kirchberg mit folgenden Rechten und Funktionen ausgestattet: Seelsorge (cura animarum), Taufe (baptisterium), Begräbnis (cimiterium oder sepultura) und Zehnterhebung. Die Patronatsherren, die Schabe, lenken den Blick auf Burg und Stadt Staufenberg. Zusammen mit weiteren niederadligen Familien - neben den Schabe besonders die von Rolshausen, weiterhin die Rau von Holzhausen und Schutzbar genannt Milchling - stellen sie sich durch das Anbringen von Wappen am Kirchenbau dar und verleihen damit ihrer Rolle als Stifter Ausdruck. In Kirchberg lässt sich damit von einem "Stifterkollektiv sprechen, wobei die einzelnen Stifterfamilien nur in einem lockeren, nicht rechtlich organisierten Verhältnis zueinander stehen. Das Auftreten dieser Stifter in Kirchberg lässt sich entweder durch einen direkten Bezug zu Kirchberg erklären (Patronat, Grablege) oder indirekt über einen Bezug zu Staufenberg (Burgmannschaft, Pfandinhaberschaft). Im Gegensatz zu den niederadligen Stifterfamilien manifestiert sich die Landesherrschaft nicht am Kirchenbau.

Das Vorkommen von zweischiffigen Hallenkirchen ist im hessischen bzw. mittelhessischen  Raum  gerade kein typisches Phänomen, sondern  eher  selten.  Die  Situation   ist   daher  schwer vergleichbar  mit  Regionen,  in  denen  eine Häufung des Typus als auffälliges Phänomen benannt werden kann wie beispielsweise in Österreich und im Eifel-Mosel-Gebiet. Bereich   zunächst   grundsätzlich  erklärungsbedürftig.  Ein weiterer  Erklärungsbedarf  besteht für die spezielle  Form der symmetrisch-zweischiffigen Halle. Das Vorkommen von zweischiffigen Hallenkirchen ist im hessischen bzw. mittelhessischen  Raum  gerade kein typisches Phänomen, sondern  eher  selten.  Die  Situation   ist   daher  schwer vergleichbar  mit  Regionen,  in  denen  eine Häufung des Typus als auffälliges Phänomen benannt werden kann wie beispielsweise in Österreich und im Eifel-Mosel-Gebiet. Doch selbst für diese Gebiete bietet die Forschung, wenn überhaupt, nur wenig befriedigende Erklärungsmodelle an. In der hier behandelten Region müssen daher individuelle, d.h. für jede Kirche aus der spezifischen Situation heraus begründete Erklärungen gefunden werden. 

Bezogen auf Kirchberg kann ein Interpretationsversuch nur durch die Kombination verschiedener Erklärungsansätze geleistet werden. Bezogen auf Kirchberg kann ein Interpretationsversuch nur durch die Kombination verschiedener Erklärungsansätze geleistet werden. Die Funktion als alte Pfarr- und Sendkirche kann als allgemeine Erklärung für das Vorhandensein eines "höherwertigen, über den verbreiteten Dorfkirchentypus der Saalkirche hinausgehenden Kirchenbaues dienen. In dieser Beziehung entspricht die aufwendigere architektonische Gestalt der Kirche ihrer tatsächlichen kirchenrechtlichen Bedeutung und Funktion. Um im ländlichen Sakralbau ein gehobenes Anspruchsniveau zum Ausdruck zu bringen, stand zum Ende des Mittelalters bzw. in der Spätgotik vor allem die Bauform der Hallenkirche zur Verfügung. Der Typus der dreischiffigen Hallenkirche mit Turm kann in dieser Zeit als Vorbild bzw. als Leitform der Stadtkirche gelten. Ein städtischer Anspruch kann mit Kirchberg jedoch - im Gegensatz etwa zu Reichelsheim, Rodheim und Schweinsberg - schon aufgrund des fehlenden Siedlungszusammenhangs vordergründig nicht in Verbindung gebracht werden. Zur selben Zeit wie in Kirchberg an einer Kapelle gebaut, die zwischen Burg und Stadt lag, jedoch stärker dem Burgbereich zuzuordnen ist. Es handelte sich um den einfachsten Typ der Saalkirche, einen Rechtecksaal ohne abgesetzten Altarraum. Als Filialkirche gehörte die Staufenberger Kapelle zur Pfarrei Kirchberg und wurde somit von einem der drei Kirchberger Priester betreut. Werden diese Umstände in Betracht gezogen, so ist es auffällig, dass sich das Interesse der in Staufenberg ansässigen Stifter fast ausschließlich auf die Kirche in Kirchberg richtet und nicht auf die Kapelle innerhalb des Siedlungsgefüges von Burg und Stadt. Das starke Interesse an Kirchberg kann nur mit der gehobenen kirchenrechtlichen Stellung der Kirche, mit der Funktion und Tradition als Sendort und als Pfarrkirche begründet werden. Kirchberg besaß als Pfarrkirche u.a. das Begräbnisrecht und war daher mit seinem Friedhof der Begräbnisort für die eingepfarrten Orte. Die Grablegen einiger Stifterfamilien können hier nachgewiesen oder vermutet werden. Am spätgotischen Kirchenbau von Kirchberg manifestiert sich eine Überlagerung verschiedener Anspruchsebenen: Auf die Send- und Pfarrkirche in Kirchberg wird durch die Realisierung einer aus der städtischen Sakralarchitektur entlehnten Bauform, der Hallenkirche, zusätzlich ein städtischer Anspruch übertragen, der sich nur über die Verbindung zu Staufenberg begründen lässt.

Was hier geschieht, ist die bewusste Verbindung bzw. Konzentration unterschiedlich gearteter Bedeutungsebenen an einem Ort und an einem Bauwerk durch die Wahl einer ganz bestimmten Architekturform, nämlich der der Hallenkirche. Auf die Perspektive der Stifter übertragen beinhaltet dies eine Vereinnahmung der kirchlichen und geistlichen Bedeutung von Kirchberg für Burg und Stadt Staufenberg. Überspitzt und vereinfacht formuliert hieße das: Kirchberg wurde zur Stadtkirche für Staufenberg gemacht. Warum die Kirche von Kirchberg als zweischiffige und nicht als dreischiffige Hallenkirche realisiert wurde, lässt sich mit den vorgeschlagenen Modellen bisher nicht erklären.

Als Ergebnis kann jedoch festgehalten werden, dass der Typus der zweischiffigen Hallenkirche nicht unbedingt als Reduktionsform des dreischiffigen Typus zu verstehen ist. Der Typus der dreischiffigen Hallenkirche überwiegt im städtischen Bereich klar. Im ländlichen Bereich wird für Kirchen mit gehobenen Anspruchsniveau jedoch sowohl der zweischiffige als auch der dreischiffige Typus verwendet, ohne dass der zweischiffige Typus deutlich mit einem reduzierten Anspruch bzw. Status in Verbindung gebracht werden kann. Begründungen, die mit eher praktischen Argumenten arbeiten (eingeschränkter Bauplatz, Vorgängerbau, Turm), sind für Kirchberg ebenso zu verwerfen. Die Realisierung einer dreischiffigen Anlage wäre mit veränderten Proportionen oder unter Einbeziehung des Turmes in ein Seitenschiff durchaus möglich gewesen.

Es ist davon auszugehen, dass die zweischiffige Halle in Kirchberg so intendiert war, wie sie ausgeführt wurde. Die einheitliche Gesamtkonzeption von Gemeinderaum und Chor wird auch von einigen Unregelmäßigkeiten am Bau nicht in Frage gestellt. Als Anhaltspunkt zur Erklärung der Zweischiffigkeit in Kirchberg bleibt der Gedanke des profanen Elementes, das besonders mit der zweischiffigen Halle in Verbindung gebracht wird. Die Frage, ob sich der zum Profanbau tendierende Charakter der zweischiffigen Halle in Kirchberg mit der besonderen Rolle der niederadligen Auftraggeber erklären lässt, muss jedoch offengelassen werden.

Die heutige Kirche in Kirchberg wird erbaut. Dabei werden Teile des Vorgängerbaues, insbesondere des Turmes, verwendet, ebenso die Glocken. Diese stammen aus den Jahren 1310, 1380 und 1432. Schiff und Chor der jetzigen Kirche entstanden von 1495 bis 1508. Bauherren bzw. Stifter waren zwei Burgmannen der Burg Staufenberg, die v. Rau und die v. Schabe. Zu diesen gesellten sich dann die v. Rolshausen, die v. Trohe und die Grafen v. Ziegenhain, deren sechsstrahliger Stern zweimal am Bau vorkommt. Entgegen dem vorreformatorischen Brauch baute man hier von Westen nach Osten, was die Jahreszahlen am Bau beweisen. Die Ursache dafür ist in der zur Bauzeit noch stehenden Vorgängerkirche zu sehen, von der zuerst das Schiff abgebrochen wurde, um das neue zu bauen. Anschließend brach man den alten Chor ab und baute den jetzigen. Beweis dafür ist die am Ostende des Schiffdaches befindliche Fachwerkwand, die den Dachraum während des Chorbaues verschließen musste.

Die gliedernden Teile am Schiff sind aus rotem, die am Chor aus grauem Sandstein. An Turm und Sakristei sieht man beide Steinarten. Schiff und Chor haben Sockel, der Turm nicht. Die Kirchendächer sind über steinernen Gesimsen errichtet, der Turm hat ein Holzgesims. Die Löcher der Steinzange sind nur an Schiff und Chor zu sehen. Eigenartig ist die seitliche Turmstellung, welche auch bei der Vorgängerkirche vermutet wird. Wir kennen sie nur noch vom Kirchturm in Treis an der Lumda. Beide Türme zeigen vier dicke Pfeiler mit gleich weiten Öffnungen im Erdgeschoß, die allerdings später durch schwächer Füllmauern geschlossen wurden. Möglicherweise waren diese Turmhallen zur Taufhandlung bestimmt, die ja in vorreformatorischer Zeit am Kircheneingang stattfand. Bei der vorderen Turmseite gehen die Pfeiler bis zum Dach durch, was auf eine früher größere Turmhöhe deutet. Die Turmspitze ist nur vier Meter höher als das Schiffdach. Der Turmholm als achtseitige Pyramide sitzt auf vier Dreiecksgiebeln. Der Kirchenraum ist eine Besonderheit, weil er als zweischiffige Halle gebaut worden ist.

Acht unterschiedlich große Kreuzrippengewölbe stützen sich auf drei in einer Reihe außermittig stehende Rundsäulen. Außer drei einfachen Kreuzungen hat das Gewölbe fünf schmucklose Schlusssteine und einen mit dem Ziegenhainer Stern. Dem etwas breiteren Südschiff ist der geräumige Chor ostwärts vorgesetzt. Er hat annähernd quadratischen Grundriss mit anschließendem 3/8-Chorschluß. Den Chor überspannt ein schönes Netzgewölbe, dessen Rippen auf 3/4-Diensten stehen. Bis 1637 stand die Kanzel an der Säule vor dem Chor. Wegen des Emporeneinbaus im Schiff bekam sie dann ihren Platz am Chorbogen.

Aus dieser Zeit stammen die kleinen Fenster mit Holzgewänden unter der Empore. Lange Zeit glich Kirchberg also einer kleinen Siedlung. Die Pfarrei saß nicht geringe Einkünfte und Stiftungen. So erinnert der Name "Pfarrwäldchen" für die Holzmühler Tannen bei Lollar an einstigen Kirchenbesitz. Den kirchlichen Dienst versahen mehrere Geistliche. Außer dem Hauptaltar der heiligen Jungfrau gab es noch den Nikolaus und Katharinenaltar, an denen zwei nicht fest angestellte Geistliche, sogenannte Altaristen, die heiligen Handlungen vollzogen. Sie lasen wohl auch die Seelenmessen in der Kapelle auf dem Kirchhof und betreuten die Filialen in Mainzlar, Lollar und Staufenberg, die für die alten und kranken Leute, denen der Weg nach Kirchberg nicht zugemutet werden konnte, entstanden waren. In Lollar fand gegen Vergütung einmal in der Woche ein Gottesdienst statt.

 

1515

Heyderich Grebe, Pastor, führte ein Siegel mit drei Ähren. Er ist der Pfarrer von Kirchberg

 

1526

Der Anstoß zur Einführung der Reformation in Kirchberg ist in engem Zusammenhang mit der Reformation der Landgrafschaft Hessen durch Philipp den Großmütigen in den Jahren seit 1526 zu sehen. Da Kirchberg gemeinschaftlich von Hessen und Nassau verwaltet wurde, ist aber auch der Einfluss Graf Philipps III. von Nassau-Weilburg zu berücksichtigen, der in seiner Grafschaft erst nach 1532 mit der Einführung der Reformation begann. Als "Reformator von Kirchberg" wird Heiderich Grebe (ca. 1485 - ca. 1536) genannt. Grebe war Erzieher des Landgrafen Philipp, von ca.1520 - 26 Altarist des St. Georg-Altars in der Marburger Schlosskirche und evangelischer Schlossprediger in Marburg von 1526-33. 1527 wurde er in Marburg als Pastor Kirpergensis immatrikuliert. Grebe wohnte jedoch nicht in Kirchberg, sondern in Marburg. Sein Amt als Pastor von Kirchberg hatte er nachweislich bereits im Jahr 1515 inne.

 

1527

Im Kirchspiel Kirchberg wird die Reformation eingeführt.

Aus alten Stich von Merian, der an anderer Stelle wiedergegeben ist, geht hervor, dass eine Michaeliskapelle (Friedhofskapelle) vorhanden war. Diese Kapelle hatte einen höheren Turm als die Kirche. Nach der Reformation, die dort 1527 eingeführt wurde, ist die Kapelle aufgegeben worden;

 

1530

Nach Fertigstellung der Kirche, jedoch noch in der 1. Hälfte des 16. Jhs., entstand die Sakristei. Gleichzeitig baute man vermutlich die drei mauerbündigen Fenster im Schiff ein, die gegenüber denen mit innerer und äußerer Laibung auffallen. Der Turm ist älter als die Kirche, denn in seiner Ostseite, zur Sakristei hin, sitzt ein kleines, rundbogiges romanisches Fenster. Ein romanischer Kämpfer, als Rest einer romanischen Kirche, findet sich im Turmmauerwerk am Anschluss zum Chor.

 

1532

Im Pfarrwäldchen wird ein Siechenhaus, 1532 erbaut, für die Siechen des Gerichts Kirchberg. Der Hof, der jetzt der Familie Geißler gehört, wird ebenfalls schon früh erwähnt."

 

1550

Um die Mitte des 16. Jahrhunderts erfolgte die Angliederung Salzbödens an die Pfarrei Odenhausen. Im Mittelalter gehörte die Großpfarrei Kirchberg wie auch die später selbständige Pfarrei Odenhausen/Salzböden zum Dekanat Amöneburg des Archidiakonats St. Stephan im Erzbistum Mainz. (Der Mainzer Dom ist den beiden Heiligen Martin und Stephan geweiht.) Kirchberg war Sedes, das heißt ein Sendgerichtssprengel, ein Pfarrort, an dem das geistliche Gericht dreimal im Jahr zusammentrat, um die würdige Verwahrung des Altarsakraments, die Einhaltung der hohen Feiertage, die Entrichtung der Zehnten und Opfer, die Verwendung des Kirchengutes u.a. zu überprüfen. Der Mutterkirche oblag die Seelsorge, das Tauf und Begräbnisrecht und das Spenden der Sakramente.

Das Pfarrbesetzungsrecht der Kirche in Odenhausen stand den Grafen von Nassau Weilburg zu, zeitweise in Verbindung mit den Herrn von Rolshausen, denen bis ins 16. Jahrhundert die Hälfte des Dorfes gehörte.

 

1536-1565

Johannes Girwig, gest. 1565 ist Pfarrer von Kirchberg

 

1564-1611

Georg Halbwinner, geb. 1538, kam von Fredeburg in Westfalen, Grabstein in der Sakristei der Kirche Kirchberg ist Pfarrer von Kirchberg

 

1568

Nach dem Tod Landgraf Philipps des Großmütigen, der letztmalig alle hessischen Lande unter seiner Regentschaft vereinigt hatte, wird die Landgrafschaft unter seinen vier Söhnen aufgeteilt. Das "Gemeine Land an der Lahn" kommt mit dem übrigen damaligen Oberhessen an Landgraf Ludwig IV. von Hessen-Marburg.

 

1576

wurde Haus des Opfermannes (Kirchenrechner) erbaut.

 

1577

1577 gehörten zum Kirchspiel: Daubringen, Lollar, Mainzlar, Ruttershausen und Staufenberg.

 

1577/78

In Kirchberg wird eine Schule eingerichtet, die aber nur bis 1582 besteht. In dieser Zeit gehen auch die Ruttershäuser Kinder in Kirchberg zur Schule.

 

1577

Zur Pfarrei Kirchberg gehörten 1577 und vermutlich bereits im späten Mittelalter die Dörfer Daubringen, Lollar, Mainzlar, Ruttershausen und die Stadt Staufenberg. Die Zehnten im Gericht Kirchberg waren im Spätmittelalter von der Pfarrei losgelöst und als Besitz der Herren von Isenburg von diesen an die Schabe, Rolshausen, Rodenhausen und Trohe als Lehen vergeben.

 

1579

1579 erscheint als Patronatsherr Friedrich von Rolshausen,

 

1585

Das "Gemeine Land an der Lahn" wird zwischen Hessen-Marburg und Nassau-Weilburg aufgeteilt. Damit geht das Gericht Kirchberg-Lollar in den alleinigen Besitz von Hessen-Marburg über.

Mittelalterliche Gerichtsstätten befanden sich allgemein an bedeutenden Kirchen bzw. auf deren Friedhöfen. Das Gericht Kirchberg, das wahrscheinlich elf Orte umfasste und später Lollar hieß, kam 1585 an Hessen. Die Kirche auf dem Kirchberg war im Mittelalter Mutterkirche für mindestens fünf, vermutlich sogar acht oder elf Orte.

1585 vollzog sich der völlige Obergang des Gerichts Kirchberg-Lollar an Hessen. Kirchberg hat, wie viele umliegenden Orte, in der Vergangenheit manches erdulden müssen.

 

1586

Die Kinder von Ruttershausen gehen in Staufenberg zur Schule.

1591

Wilhelm Dilich veröffentlicht in diesem Jahr seine "Synopsis descriptionis totius Hassiae" mit 50 Federzeichnungen hessischer Städte. Darunter befindet sich auch eine Ansicht von Staufenberg mit dem Kirchberg, der Lahn und Ruttershausen im Vordergrund. Auf dieser Zeichnung, gleichzeitig die älteste Ansicht unseres Dorfes, sieht man bereits eine Brücke über die Lahn und in Ruttershausen den Turm des adeligen Gutshofes.

1604

Nach dem Tod von Landgraf Ludwig IV. wird die Landgrafschaft Hessen-Marburg unter seinen beiden Neffen, den Landgrafen von Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt, aufgeteilt. Ruttershausen gehört seitdem zu Hessen-Darmstadt. Um das "oberhessische Erbe" werden in der Folge allerdings noch langwierige und kriegerische Auseinandersetzungen ("Hessenkrieg") zwischen Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt geführt.

 

1611-1612

Kaspar Halbwinner, Sohn des Georg Halbwinner ist Pfarrer von Kirchberg

  

1612-1636

Gerhard zur Avest, ist Pfarrer von Kirchberg, er stammte aus Riga, geb. zwischen 1581 und 1589, Rostock 1606, immatr. Gießen 1609, Pfarrer zu Lützellinden 1636-1640 und zu Büdesheim in der Wetterau 1640-1662, gest. in Dutenhofen bei Wetzlar; sein Vater Eberwein war Pfarrer zu St. Jakob in Riga (gest.1589)

 

1636-1677

Johann Daniel Trygophorus, ist Pfarrer von Kirchberg, geb. 1612 in Wildungen als Sohn des Pfarrers Hefenträger (Latinisierung des Namens), heiratete 1636 Agnes, die Tochter seines Kirchberger Vorgängers Gerhard zur Avest, vorher in Wildungen und Mengeringshausen, 1639 Hofprediger in Gießen, gest. 1678

 

1618 – 1648

Der 30-jährige Krieg trifft auch unser Kirchspiel mit verheerenden Folgen für Ruttershausen und Kirchberg.

 

1629

1629 wütete die Pest derart, dass die Toten nicht mehr registriert werden. Kriegswirren brachten Unheil. Der Pfarrer von Kirchberg wurde mit Einquartierungen belästigt.

 

1635

1635 sterben mehr als 250 Personen an der Pest im Kirchspiel Kirchberg.

 

1636

1636 lagern schwedische Truppen im Kirchspiel.

 

1638

1638 Johann Wolf von Weitolshausen, Kommandant der Festung Gießen und Besitzer der Badenburg. Noch bis ins 18. Jahrhundert besaßen die Herren der Badenburg in Kirchberg einen besonderen Stuhl. Zu Anfang des 17. Jahrhunderts kam das Besetzungsrecht der Pfarrstelle (Kollatur) an die Landgrafen von Hessen.

 

1640

1640 fügen bayrische Truppen den Dörfern des Kirchspiels großen Schaden zu, in Ruttershausen betragen die Schäden 1.101 Taler.

 

1645

Bis zum Ende des 30-jährigen Krieges tobt in unserer Gegend der bereits erwähnte "Hessenkrieg". Dabei wird "Ruttershausen eingeäschert, bis auf wenige Gebäude" und in Kirchberg die Scheune des Pfarrhofes und das Opferhaus verwüstet. Im Laufe dieser Auseinandersetzung wird auch die Burg Gleiberg zerstört (1646) und am 27. Mai 1647 die Staufenberger Oberburg " samt dem Thurm ganz übern Haufen geworfen und eingeäschert". 1620, zu Anfang des Krieges, hat Ruttershausen 125 Einwohner, 1640 noch 81 und 1660, zwölf Jahre nach Kriegsende, gar nur noch 72. Von 1648 fehlen leider Zahlen

1653

Tausend Jahre nach der Christianisierung muss der evangelische Pfarrer von Kirchberg noch immer gegen Wahrsagerei, Zauberei und Wundergläubigkeit angehen. 1653 ordnet zum Beispiel Superintendent Haberkorn einen Bußtag an, weil sich viele mit dem "abscheulichen Laster der Hexerei" besudelt hätten. Gegen die "Lieh", eine Art Brautkauf in der Walpurgisnacht, war allerdings kein Kraut gewachsen, sie wird heute noch geübt. 

 

1658

Im Jahre 1658 etwa wurde die Michaeliskapelle (Friedhofskapelle) abgebrochen. Die Kapelle hatte einen höheren Turm als die Kirche. Nach der Reformation, die dort 1527 eingeführt wurde, ist die Kapelle aufgegeben worden.

 

1678-1715

Johann Christoph Trygophorus, ist Pfarrer von Kirchberg, geb.1642, Sohn des Johann Daniel Trygophorus, 1668-1677 Vikar bei seinem Vater, erste Ehe 1669, zweite Ehe 1673, gest. 1715

   

1703

Der Pfarrer musste sich wiederholt vor Dieben und sonstigem Gesindel wehren. Am 14. 6. 1703 wurde nachts ein Einbruch in die Kirche verübt, und es verschwanden dabei verschiedene Wertgegenstände.

 

1708

Das jetzige Pfarrhaus wurde im Jahre 1708 erbaut.

 

1709

In Folge des Spanischen Erbfolgekrieges zieht an Pfingsten 1709 eine französische Armee mit 80.000 Mann von Gießen nach Marburg an Kirchberg vorbei. Der Durchmarsch "währet von Morgens 6 bis Abends 6 Uhr".

 

1715-1742

Johann Lorenz Dieffenbach, ist Pfarrer von Kirchberg, geb. 1682 in Bechtolsheim in Rheinhessen als Sohn eines Pfarrers, 4 Jahre Feldprediger in dem Darmstädtisch-Schrautenbachischen Regiment, gest. 1742. Er hatte 10 Kinder

 

1740

Ruttershausen hat 140 Einwohner.

 

1743-1761

Johann Dietrich Römheld, ist Pfarrer von Kirchberg, geb. 1715 zu Marburg als Sohn eines Kaufmanns, 1741-1743 Adjunkt in Kirchberg, gest. 1761

 

1746

1746 wurde im Chor eine Orgelempore errichtet, die bis 1926 bestand. Seit 1777 steht die fünfteilige Rokoko-Orgel auf der Nordempore

 

1747

In Ruttershausen entsteht ein Plan, eine eigene Schule einzurichten. Die Absicht scheitert an den Kosten.

 

1748

Ein fast 50-jähriger Streit zwischen Ruttershausen und Odenhausen um ein 20 Morgen großes Stück Wald oberhalb des Wehrholzes wird beendet. Ruttershausen erhält zwölf Morgen, Odenhausen acht.

 

1750 – 1752

Eine ähnliche Auseinandersetzung um den Mausberg (Ruttershäuser Kopf) entbrennt. Dieser gehört zwar Ruttershausen, liegt aber in der Odenhäuser Gemarkung und damit auf nassauischem Hoheitsgebiet. Die dort 1750 neu erlassene Forstordnung verbietet den Ruttershäusern die Beweidung. Der Streit zieht sich bis in das Jahr 1752 hin, danach werden der Ruttershäuser Besitz am Mausberg und die damit verbundenen Weiderechte endgültig anerkannt.

 

1756 – 1763

Der Siebenjährige Krieg trifft auch unsere Gegend. Im August 1757 marschiert eine 15.000 Mann starke Armee durch das Kirchspiel Kirchberg. 1758 kommt es zu einem Scharmützel vor der Tiefenbach. 1759 liegen sich über vier Monate lang Franzosen auf der linken Lahnseite und Engländer und Braunschweiger auf dem rechten Lahnufer gegenüber. Obwohl es dabei zu keinen Kampfhandlungen kommt, ist der Schaden groß. Die Versorgung dieser Armeen fordert der Bevölkerung das letzte ab und zieht auch den Wald in starke Mitleidenschaft.

 

1761-1778

Johann Georg Selzam, ist Pfarrer von Kirchberg, geb. 1715 als Sohn des Pfarrers von Alten-Buseck, bereits bei seinem Vater Diakonus, gest. 1778. Schwager seines Vorgängers und Schwiegersohn seines Vorvorgängers.

 

1772

1772 erinnerten nur noch die Steine an die einst vielbesuchte Stätte der Wallfahrtskapelle unweit von Fronhausen, die beim Brackenborn (Freudenhorn) stand und einen "Unserer lieben Frau Sankt Annen" geweihten Altar hatte. Die Wallfahrtskapelle wurde in früheren Zeiten von Gläubigen aus Ruttershausen besucht.

 

1761 – 1780

Noch einmal kommt es zum Streit zwischen Ruttershausen auf der einen und Odenhausen und Nassau auf der anderen Seite um Weiderechte im Wald. Diesmal geht es um den "Hohenschied", wo Ruttershausen die "Weidegerechtsame" inne hat. 1761 wird die Beweidung des "Hohenschiedes" durch die nassauische Regierung für fünf Jahre untersagt, damit sich der Wald von den Kriegsschäden des Jahres 1759 erholen kann. Aber auch nach Ablauf der Sperrfrist verbietet Nassau die Wiederaufnahme der Beweidung. Erst nach fast 20 Jahren langwierigen Streits erhält Ruttershausen 1780 wieder seine Rechte zurück.

 

1777

Die erste spätbarocke Orgel wird vom Gießener Orgelbauer Johann Heinemann in der Kirchberger Kirche gebaut.

 

1778-1779

Selzam, ist Pfarrverwalter von Kirchberg, Sohn des J. G. Selzam, Versetzung nach Roßbach.

 

1779-1804

Heinrich Dietrich Gebhard, ist Pfarrer von Kirchberg, stammt von Butzbach, Adjunkt in Alsfeld, 1778-1779 Pfarrer in Nieder-Rosbach, gest.1807 bei seinem Sohn in Ober-Rosbach.

 

1794-1804

Georg Ludwig Gebhard, ist Pfarrer von Kirchberg,  bei seinem Vater H. D. Gebhard Adjunkt.

   

1804

1804 erfolgte ein überfall auf das Pfarrhaus. Der alte Pfarrer Gebhard hatte - ein gefährliches Unterfangen – bekanntgegeben, dass im Pfarrhaus Geld zum Ausleihen bereit liege. Die rheinischen und niederländische Räuberbanden trieben überall ihr Unwesen. Infolge des Krieges konnten Zucht und Ordnung nicht genügend gehandhabt werden. Eine Gendarmerie gab es nicht. Die Verbrecher konnten über die nahen Grenzen kommen. Auch die im Wald versteckt liegende Tiefenbach und war unsicher und verrufen, von wo aus oft Straßenraub begangen wurde. Von der Schmelz aus machten die Räuber ihre Raubzüge. 

 

1805-1849


Johann Georg Ludwig Klingelhöffer Pfarrer von Kirchberg, geb. 1772 in Biedenkopf, Sohn eines Amtmanns und Regierungsrates, Studium in Gießen, Hauslehrer in Battenberg, 1794-1804 Bergprediger in Thalitter, Ehe 1794, hatte ein Jahr lang seinen Kirchberger Vorgänger mitzuversorgen, ihm beigegeben als Vikare: Friedrich Heinrich Welcker (1838-1842), Wilhelm Nebel (1842-1846, Verfasser einer Kirchberger Chronik),. Dieffenbach (1848 . . .), Pfarrassistent Ludwig Bang (etwa 1835-1839, Sohn eines Staufenberger Lehrers). J. G. L. Klingelhöffer hatte 6 Kinder, 2 Söhne zogen nach Amerika; er besaß eigenes Vermögen, hatte einen fröhlichen Sinn und war gastfreundlich und gesellig, er impfte über 600 Kinder gegen die Blattern und veröffentlichte darüber mehrere Aufsätze im Reichsanzeiger. 1844 zum 50jährigen Dienstjubiläum wurde er Kirchenrat, gest. 1854 in Gießen.

 

1813-1838

Der letzte Opfermann, Wilhelm Fries, wird als grober und übler Mensch, der vor nichts zurückschreckte, geschildert. Er machte dem Pfarrer Klingelhöfer das Leben so schwer, dass man 1838 die Stelle des Opfermanns eingehen ließ, um Fries loszuwerden. Seine Schandtaten waren zu groß. Fries war außer Kirchenrechner noch Kirchendiener, musste während des Gottesdienstes den Kirchenbeutel herumreichen. Eines Sonntags geriet er dabei mit dem Stadtschultheißen Braun aus Staufenberg in heftigen Wortwechsel. Nach Beendigung des Gottesdienstes erhielt er vom Pfarrer einen scharfen Tadel. In der kommenden Nacht rächte sich Fries damit, dass er dem Schultheiß Braun einen großen Obstbaum ringsum anhieb und dem Pfarrer eine Reihe junger Obstbäume umschlug. Als Fries einmal von der Verbüßung einer Dienststrafe, von denen er mehrere erhielt, aus Darmstadt zurückkehrte, wurde in der Nacht darauf das Denkmal einer Schwester des Pfarrers Klingelhöfer von Grund auf zerstört.

 

1794 – 1814

Im Verlauf der französischen Revolutionskriege, später der Napoleonischen Kriege, kommt es über Jahre immer wieder zu Truppendurchmärschen und Einquartierungen der verschiedenen Kriegsparteien, je nachdem, wie die Kriegsverläufe hin und her wogen. Teilweise steckt Ruttershausen das ganze Jahr voller Truppen. Zwar wird in unserer Gegend kaum gekämpft, trotzdem sind die Folgen fürchterlich. Alle, ob Freund oder Feind, haben in diesen Jahren immer nur gefordert: Verpflegung und Quartier für Mensch und Tier, Brennholz, Vorspanndienste, Rindvieh, Pferde und vor allem Geld und nochmals Geld. Bereits 1806 hat die Gemeinde "keinen Pfennig mehr in der Kasse" und bis 1814 betragen die Schulden 6.800 Gulden. Selbst 25 Jahre später ist diese Summe noch nicht abgetragen, 1838 sind noch Schulden von 930 Gulden vorhanden. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig (Oktober 1813) übernachtet Napoleons Bruder Jerome ("König Lustig") auf der Flucht vor den Truppen der Verbündeten im damaligen Gasthaus "Zum Adler" in Kirchberg (Hausname "Wirtsbauer").

 

1804

Angelockt durch die Bekanntmachung des Pfarrers drangen nun in der Nacht auf Himmelfahrt 1804 etwa 20 verkleidete und entstellte Männer vom Garten aus durch das Fenster in die Wohnstube des Pfarrers gewaltsam ein, überfielen den in der anliegenden Schlafstube schlafenden Pfarrassistenten Gebhard, knebelten ihn und seine Frau, deckten sie mit Bettkissen zu und warfen ein kleines Kind aus der Wiege unter den Tisch. Ähnliches widerfuhr der Magd. Die der Haushälterin damals zugefügten Misshandlungen waren aber so schwer, dass sie nach einem Jahr an deren Folgen verstarb. Der alte Pfarrer Gebhard war gerade abwesend. Er hatte einen Tag zuvor einen Ritt nach Gießen zum Himmelfahrtsmarkt gemacht, sein Geld mitgenommen und es bei der Chausseebaukasse angelegt. So entging er selbst dem Schrecken - sein Geld den Räubern. Diese mussten sich mit etwa 700 Gulden begnügen, die der junge Gebhard liegen hatte. Wer die Räuber waren, ist nicht an den Tag gekommen, man vermutet, dass es Leute der hiesigen Gegend waren. Eigentümlich soll sich der im Stall schlafende Knecht benommen haben. In einer schweren Krankheit soll auch eine Frau viel von dem Überfall gesprochen haben; sie konnte sich aber später nicht mehr daran erinnern. Der schreckliche Überfall veranlasste den Pfarrassistenten Gebhard, Kirchberg zu verlassen. Das Pfarrhaus wurde nun auf jede nur denkbare Weise befestigt. Vor die Fenster des unteren Stockwerkes kamen eiserne Gitter. Die Haustüre wurde mit doppelten Eisenstäben gesichert, desgleichen die Tür zur Wohnstube. Von dem Schlafzimmer führte eine bewegliche Treppe in den zweiten Stock. Zugleich wurde für reichlich Munition gesorgt; stets lagen bis zu 23 Schüsse bereit. Außerdem standen in einem Dachfenster zwei Katzenköpfe, die durch ein bis in die Schlafstube gehendes Seil losgeschossen werden konnten. Wenn sie losgingen, war dies, wie auf Verlangen Pfarrer Klingelhöfers in der Gemeinde gerichtlich bekannt gemacht wurde, ein Zeichne, dass Hilfe nötig war. Demjenigen, der dem Bürgermeister zuerst anzeigte, dass die Kanonen losgegangen waren, wurden 5 Gulden versprochen. Seit dieser Zeit ist ein überfall auf Kirchberg nicht mehr erfolgt. 

 

1815

Deutschland wird auf dem "Wiener Kongreß" neu geordnet. Ruttershausen verbleibt bei dem 1806 gegründeten Großherzogtum Hessen, der vormaligen Landgrafschaft Hessen-Darmstadt.

 

1817

Zum Reformationsfest 1817 wurden am Weg zum Friedhof Lindenbäume gepflanzt - in der folgenden Nacht waren alle neu gepflanzten Lindenbäume umgehauen. Am Pfingstfest war an der Kirchentüre eine Stange aufgestellt mit einem Plakat, auf dem Pfarrer Klingelhöfer als "der schwarze Teufel" und die Ruttershäuser als seine "schwarzen Engel" bezeichnet wurden.

Der letzte Opfermann Wilhelm Fries schreckte nicht davor zurück, dem Pfarrer die Hühner zu stehlen und dessen Kühe zu melken. Das Schwein des Pfarrers, das abends nicht in den Stall zurückkam, fand man am nächsten Morgen hinter dem Haus des Opfermannes erschlagen auf. Auch in seinem eigenen Haus wütete er in brutaler Weise. Der Frau, die von ihm geschieden war, schlug er ein Auge aus. Wieder einmal saß er in Gießen im Gefängnis; er gab an, er sei krank und müsse dauernd Kot brechen. Dem Arzt schien das verdächtig. Er ließ den Gefangenen beobachten und stellte fest, dass Fries man verzeihe die Wiedergabe des folgenden - seinen eigenen Kot aß, um ihn erbrechen zu müssen.

 

1820

Bis um 1820 hatte an der Straße "auf der Dreispitze, welche der nach Staufenberg führende Weg und die nach Marburg laufende Chausee bilden", ein weiteres Haus gestanden. Es wurde abgebrochen und bei Heuchelheim wieder aufgebaut, wo es später als "Windhof ' oder "Westfälischer Hof" bekannt war.

 

1832

In Ruttershausen wird eine eigene Schule gebaut.

 

1838

Das Haus des Opfermannes, das 1576 erbaut wurde, wurde 1838 nach Aufhebung der Glöcknerstelle auf Abbruch verkauft. Es stand zwischen dem Kirchhof und dem Wirtshaus (wahrscheinlich der Hof Geißler).

 

1846

Der Bau der Main-Weser-Bahn beginnt.

 

1847

Für den Bahnbau wird die Lahn bei Ruttershausen begradigt und fließt seitdem direkt am Dorf vorbei.

 

1850

Der erste Zug fährt aus Marburg kommend in Lollar ein.

 

1851

Ab 15. Mai 1851 kann die Eisenbahnstrecke Kassel - Frankfurt (Main-Weser- Bahn) durchgehend befahren werden.

1853

In Ruttershausen wird eine Brücke aus Holz über die Lahn gebaut.

1855

Ruttershausen hat 371 Einwohner.

1855-1871

Wilhelm Klöpper, ist Pfarrer von Kirchberg, geb. 1797 in Sprendlingen bei Langen, Vikar in Offenbach, 1826-1855 Pfarrer in Wenings, gest.1871. Vikar Krug, 1854-1855 

1866

Zwischen Preußen und Österreich kommt es in diesem Jahr zum "Deutschen Krieg" um die Vorherrschaft im Deutschen Bund. Dabei stehen das Großherzogtum Hessen und somit auch die Orte unseres Kirchspiels auf Seiten der Österreicher. Der damalige Kreis Wetzlar ist preußisch. Ruttershausen und Odenhausen sind dadurch Kriegsgegner! In Folge dieses Krieges ziehen am 16. Juni 1866 preußische Truppen (15.000 Mann) durch Lollar und an Kirchberg vorbei in Richtung Kurhessen. 

Zum Glück kommt es aber im hiesigen Raum zu keinen Kampfhandlungen. Abgesehen von einem kleinem Geplänkel, als hessen-darmstädtische Bahnarbeiter die Eisenbahnstrecke zwischen Fronhausen und Lollar zerstören, um den preußischen Vormarsch zu unterbrechen kommt es zu keinerlei Kampfhandlungen.

1870/71

Im Deutsch-Französischen Krieg wird der Ruttershäuser Ludwig Todt gegen Ende des Jahres 1870 so schwer verwundet, dass er am 12. Februar 1871 in einem Lazarett bei Orleans stirbt.

 

1872-1884

Friedrich Heinrich Welcker, ist Pfarrer von Kirchberg, geb.1814 in Pfungstadt als Sohn eines Marschkommissars, 1838-1842 Vikar in Kirchberg, 1843-1857 Pfarrer in Watzenborn,

1882

Anfang August tritt nach einem mehrtägigen Dauerregen die Lahn über die Ufer; die Fluten "nehmen die auf den Feldern stehenden Kornhausten mit".

1885-1896

Heinrich Heintze, ist Pfarrer von Kirchberg, geb.1845 zu Hartmannshain, Sohn eines Pfarrers, Vikar in Queckborn, Pfarrverwalter in Herbstein, Gelnhaar und Usenborn, 1881-1885 Pfarrer in Lißberg, 1896-1915 Pfarrer in Gettenau bei Büdingen.

1887

Der Männergesangverein "Frohsinn Ruttershausen" wird gegründet. Nach dem 1. Weltkrieg schließen sich dieser Verein und ein weiterer, 1906 gegründeter Verein namens "Concordia", zum Gesangverein Ruttershausen zusammen, der damit der älteste Verein von Ruttershausen ist.

1891

Am 17. Mai 1891 beschert heftiger Schneefall weiße Pfingsten.

1896-1936

Ludwig Gußmann, ist Pfarrer von Kirchberg, geb. 1868 in Hirzenhain, Sohn des Bürgermeisters Johann Gußmann, 1894-1896 Pfarrverwalter in Gettenau, Dekan des Dekanats Gießen, gest. 1941 in Gießen, sein Grab liegt hinter der Kirchberger Kirche

1900

In Ruttershausen leben 387 Einwohner.

1901

Die Holzbrücke über die Lahn wird abgerissen und durch die heute noch bestehende Steinbrücke ersetzt.

1907

Innerhalb weniger Wochen werden in Ruttershausen zwei Turnvereine gegründet.

 

1912

Ruttershausen erhält elektrisches Licht.

 

1913

Die "neue" Schule in der Wißmarer Straße wird gebaut.

 

1914 – 1918

Der 1. Weltkrieg fordert auch in Ruttershausen viele Opfer. Zwar bleibt die Zivilbevölkerung von unmittelbaren Kriegsgeschehnissen verschont, da die Kampfhandlungen größtenteils außerhalb Deutschlands stattfinden.

Aus Ruttershausen fallen jedoch 29 junge Männer, außerdem noch Ludwig Geißler aus Kirchberg. In den Jahren 1916/17 wird eine Abteilung von Kriegsgefangenen aus Russland zum Holzeinschlag im Gemeindewald von Ruttershausen eingesetzt.

 

1918/19

Nach dem Ende des I. Weltkrieges durchziehen zurückkehrende Truppen den Bereich um Ruttershausen. Es kommt fast täglich zu Einquartierungen im Ort. Mit Abschaffung der Monarchie und Abdankung des Großherzogs gehört Ruttershausen nun zu dem aus dem Großherzogtum hervorgegangenen Volksstaat Hessen.

 

1919/20

Aufgrund der zahlreichen Gefallenen sind nach dem Krieg sowohl die beiden Ruttershäuser Turnvereine, als auch die beiden Männergesangvereine gezwungen, sich zu jeweils einem Verein zusammenzuschließen.

   

1920

Die Einwohnerzahl von Ruttershausen beträgt 420 Personen.

 

1923

Im Herbst des Jahres erreicht die Inflation in Deutschland ihren Höhepunkt. Aus dem Jahresbericht des Gesangvereines geht hervor, dass das Honorar für den Dirigenten für die einzelnen Übungsstunden von 1.400 Mark im Januar auf 60 Millionen Mark im September gestiegen ist. Daraufhin beschließt der Verein, ab Oktober keine weiteren Übungsstunden abzuhalten.

 

1927

Die Turnervereinigung erhält das Sportgelände an der Lahn.

 

1929

In Ruttershausen beginnt man bei der Turnervereinigung Ruttershausen mit dem Handballspiel.

 

1933

Die Machtergreifung der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 hat zunächst keine größeren Auswirkungen für Ruttershausen. Anders als in vielen Städten und Gemeinden bleiben sowohl der Bürgermeister, als auch der Beigeordnete und der Gemeinderechner im Amt.

 

1936-1947

Friedrich Metzler, ist Pfarrer von Kirchberg, geb.1908 in Gau-Odernheim (Rheinhessen),1933 Pfarrassistent in Alzey, kam 1947 nach Wiesbaden, Verfasser der Festschrift "Unser Kirchspiel", Pfarrassistenten: Alfred Wich aus Weilburgund Lothar Biedenkopf (1938).

 

1938

Ruttershausen hat 502 Einwohner.

 

1939

Im Frühjahr wird die Freiwillige Feuerwehr Ruttershausen gegründet.

   

1939 – 1945

Im 2. Weltkrieg ist Ruttershausen – im Gegensatz zum 1. Weltkrieg – auch unmittelbar von den Kriegsgeschehnissen betroffen. Neben den ständigen Bombenalarmen kommt es zusätzlich gegen Ende des Krieges zu zahlreichen Tieffliegerangriffen. Mit 55 Gefallenen und Vermissten, darunter wiederum ein Mitglied der Familie Geißler aus Kirchberg, hat sich die Opferzahl des letzten Weltkrieges nahezu verdoppelt. Dazu kommen noch zwei Ruttershäuser jüdischen Glaubens, die dem nationalsozialistischen Rassenwahn zum Opfer fallen. Beide werden im Zuge der so genannten "Endlösung" am 14. September 1942 von der Gestapo abgeholt und später ins KZ Theresienstadt deportiert, wo sie in den folgenden beiden Jahren umkommen. Am 11. April 1943 wird Ruttershausen von zahlreichen Brandbomben getroffen. Dabei brennen der Dachstuhl des Anwesens Wißmarer Str. 27 (Hausname "Schiwwersch") und die Scheune des Anwesens Untergasse 21 (Hausname "Hower") ab.

Gegen Mittag des 17. Februars 1945 verfehlt ein Bombenteppich Ruttershausen nur knapp. Die zahlreichen Einschläge (rd. 60) beginnen knapp hinter dem Dorf im Feld auf beiden Seiten der Straße nach Wißmar und ziehen sich im Wald bis in den Bereich des "Toten Mannes" hin. Am Nachmittag des 28. März 1945 rücken amerikanische Panzertruppen in Ruttershausen ein und besetzen Ruttershausen. Dabei kommt es jedoch zu keinen Kampfhandlungen. Der Krieg ist damit für Ruttershausen vorbei. 

 

1946

Als nach dem Ende des zweiten Weltkrieges Heimatvertriebene aus den jahrhundertelang deutsch besiedelten Gebieten im Osten eine neue Heimat fanden, änderte sich schlagartig die konfessionelle Zusammensetzung der Bevölkerung, denn die Neuaufgenommenen waren fast durchweg katholisch. Hatten auch die evangelischen Gemeinden ihre Kirchen den katholischen Glaubensbrüdern für gottesdienstlichen Handlungen zur Verfügung gestellt. Die Heimatvertriebenen  werden zunächst im Dorf sowie in speziell dafür errichteten Behelfsheimen in Kirchberg einquartiert. Zahlreiche von ihnen bleiben in Ruttershausen und bauen in den folgenden Jahren eigene Häuser. Ruttershausen gehört nun zum von der amerikanischen Militärregierung neu gebildeten Land Hessen.

 

1947-1957

Wilhelm Krämer, ist Pfarrer von Kirchberg, vorher Pfarrer in Ober-Breidenbach und Angersbach, seit 1957 im Ruhestand in Darmstadt. Pfarrdiakon Koß (bis 1957)

 

1949

Auf Grund einer 1949 von Pfarrer Friedel Nies verfassten Denkschrift wurde die Pfarrassistentenstelle zur "Pfarrei Kirchberg II mit Sitz Lollar" aufgewertet, zählte doch Lollar inzwischen 4 000 Einwohner. Ein eigener Kirchenvorstand beschloss als erstes den Bau eines Pfarrhauses in der Daubringer Straße.

   

1950

Bei der Umorganisation der Evangelischen Landeskirche von Hessen und Nassau schuf man 1950 als Teil des Visitationsbezirks Oberhessen ein neues Dekanat Kirchberg, das mit dem alten Kirchspiel nur den Namen gemeinsam hat, denn es umgreift nicht nur das untere, sondern auch das mittlere Lumdatal sowie die Wiesecker Talschaft.

 

1951

aufgrund der veränderten Bevölkerungsstruktur, bedingt durch eine große Zahl von Kriegsflüchtlingen und Übersiedlern aus den östlichen Gebieten wie Pommern und dem Sudetenland gibt es in Lollar und Umgebung eine große Zahl von Mitbürgern katholischen Glaubens. 1951 wird in Lollar in der Ostendstraße die Kirche St. Josef mit Pfarrei erbaut. Die katholische Kirchengemeinde Lollar, die sich auch auf Ruttershausen, Staufenberg, Daubringen, Mainzlar, und Treis erstreckt, gehört zur Diözese Mainz. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Kirche Kirchberg auch von den katholischen Mitbürgern als Gotteshaus für Gottesdienste genutzt.

 

1953

Die Wasserversorgung in Ruttershausen wird im Juni fertig gestellt. Ruttershausen ist somit einer der letzten Orte im mittelhessischen Bereich die eine zentrale Wasserversorgung erhält. 

 

1956/57

Die Kanalisation wird in Ruttershausen gebaut.

   

top